Kategorie-Archiv: Allgemein

Das Line-Up

Wir sind immer noch nicht mit dem Line-Up der Zwerge zufrieden. Sie müssen mehr Eigenständigkeit bekommen und auch – ohne die Vorbilder aus den Realfilmen – vom Zuschauer ins Herz geschlossen werden können.

Greg Manwaring, ein verrückter Amerikaner aus München, ein Tausendsassa, startet einen weiteren Versuch.

Drehbuchphase 4

Januar 2010.

Drehbuchphase 4. Jetzt „flutscht“ es endlich. Die Geschichte steht.

Wir mussten das Zwergenteam während der Drehbuchentwicklung wieder verkleinern.

Auf der einen Seite bin ich sehr erleichtert, dass wir endlich kreativ den Durchbruch geschafft haben, auf der anderen Seite laufen mir aber die Kosten „davon“. Im Grunde ist es nun ja auch der dritte Anlauf. Geldgeber, Lizenznehmer und Förderer werden langsam aber sicher ungeduldig.

Und es wird eng. Der Cashflow reicht hinten und vorne nicht. Nicht alle glauben an Haralds und meine Vision. Es ist fatal: Endlich wissen wir, wie es geht und jetzt fehlt an allen Ecken und Enden das Geld um die Idee umzusetzen. Wir stehen mit dem Rücken zur Wand!

Christian Puille, ein genialer Storyboarder, Designer, Szenenerfinder – der glücklicherweise zu uns gestoßen ist – regt an, auf Basis eines Storyboards einen ca. 15 minütigen Leica-Teaser zu produzieren, in dem wir die Grundzüge unseres Films in Bild und Ton unseren Partnern und Finanziers vorstellen können.

Gute Idee!

To be continued.

Das Ei des Kolumbus

Mittwoch, 11. August 2010

In der Weinstube in Uhlenhorst sucht ein wild durcheinander gewürfelter Trupp aus Grafikern, Designern, Storyboardern zusammen mit dem Produzenten und seinem Team Trost im Alkohol. Sie feiern Abschied! Ein Filmprojekt wird beerdigt.

Ich sitze etwas abseits draußen vor dem Lokal auf der Terrasse, trinke Rotwein und rauche eine gute Zigarre. Da steht plötzlich einer aus der Gruppe vor mir, ein großer, schlaksiger Typ. Er spricht unaufdringlich, hat ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen (wie es überhaupt seine Art ist den rätselhaften Dingen dieser Welt Paroli zu bieten) und meinte, dass er sich schon von Anfang an fragte, warum unsere Geschichte so verdammt kompliziert sein muss? Er erzählt mir frei von der Leber weg – so als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt – wie es in unserer Geschichte im 2. Akt (nach dem Midact) weitergehen könnte. Keine Zeitreise! Nein. Die Zwerge müssen losziehen um Jack aus den Klauen des Drachens zu befreien, denn nur mit dem Kuss der wahren Liebe kann die Prinzessin gerettet werden.

Es war wie das Ei des Kolumbus! Da hätte man doch wirklich auch ein bisschen eher drauf kommen können :-))

Am nächsten Tag setzen wir uns zusammen und fangen noch mal ganz von vorne an. Und der große, schlaksige Typ mit dem verschmitzten Lächeln im Gesicht übernimmt das Kommando. Sein Name: Harald Siepermann.

Revolution und Besäufnis

Montag, 9. August 2010

Ein sogenanntes erstes „Kick-Off-Meeting“ in der Zwergenschmiede.

Als Produzent begrüße ich in bester Laune das Team, erzähle ein bisschen was über die „Philosophie der Zwerge“, wünsche Boris und seiner Truppe aus Designern und Storyboardern viel Spaß und gutes Gelingen und ziehe mich nach kurzer Rede voller Zuversicht in mein Büro zurück.

Keine drei Tage später, am Morgen des 11. Augusts, werde ich zu einem Krisen-Treffen in die Zwergenschmiede gerufen: Ich blicke in einen Halbkreis ratloser und betrübter Gesichter.

Was war in den zwei Tagen passiert?

Boris erklärt mir, dass das Team inzwischen das Drehbuch auf Herz und Nieren und seine „Animationsfilm-Tauglichkeit“ geprüft hätten. Und sie wären zu dem niederschmetternden Ergebnis gekommen, dass das Buch und die Geschichte viel zu kompliziert und „kopflastig“ seien und den Ansprüchen eines Animationsfilm bei Weitem nicht gerecht werden.

Boris und ich schauen uns tief in die Augen. Sind wir wirklich von diesem vernichtenden Urteil des Kreativ-Teams überrascht? Nein. Eigentlich nicht. Uns war klar (wir wollten es nur nicht wahrhaben), dass wir seit dem historischen Screening der Leica bei Warner Bros. immer wieder nur an der alten Vorlage herumgewerkelt hatten ohne dabei uns wirklich entscheidend nach vorne zu entwickeln.

Es war aus. Vorbei.

Seit inzwischen mehr als drei Jahren kämpfte ich für eine Fortsetzung der „7 Zwerge“ mit anderen Mitteln und in der Welt der Animation und musste nun der Wirklichkeit ins Auge blicken: Ich war gescheitert. Was sollte ich tun? Noch mal von vorne anfangen?

Die Entwicklungskosten hatten inzwischen fast die Halbe-Million-Marke erreicht.

Überall gab es Skeptiker, Nörgler und erklärte Gegner meines Filmprojekts. Woher sollte ich die Kraft nehmen alle Hebel noch einmal auf Anfang zu stellen?

Ein „Seniorproduzent“ hatte mir mal aus seinem reichen Schatz der Erfahrungen erklärt, dass Filme produzieren wie Rodeoreiten ist. Und genauso wie auch der Cowboy nicht freiwillig absteigt, muss auch der Filmproduzent vom Schicksal erst abgeworfen werden bevor er den Kampf aufgibt.

Okay, ich saß noch im Sattel, doch wohin sollte die Reise gehen? Vielleicht hatte ich ja noch die Kraft, vielleicht würde ich auch noch das nötige Geld auftreiben um weiterzumachen, aber all das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass uns das Allerwichtigste immer noch fehlte: Die Idee!

Der Hofweg endet und geht in die Papenhuder Straße über und dort – am „RÜSSL“-Büro vorbei – vielleicht 500 Meter von der Zwergenschmiede entfernt, gibt es eine kleine Weinstube. Dort fiel das Zwergenteam gesammelt ein. Wir hatten den Zwergenfilm gerade zu Grabe getragen und wie auf einer richtigen Beerdigung wollten wir nun „die Leich’ versaufen“ – naja, und so ist es dann auch geschehen…

Zuwachs in der “Schmiede”

JayPi (wie wir Jan Philipp insgeheim nennen) bekommt kreative Unterstützung: Anette Hoffmann,

Rainer Stock (dessen Entwürfe u. a. für ein mehrstöckiges Haus auf einer Brücke der Seine für „Das Parfüm“ :-)) mich auf Anhieb faszinierten) und ein schlanker, feiner, hochgewachsener Mann, der mir als „einer der besten Character Designer der Welt“ vorgestellt wurde: Harald Siepermann.

Die Zwergenschmiede

Im Hofweg in Hamburg entsteht die „Zwergenschmiede“:

Wir haben uns auf der Suche nach einem Production Designer für Jan Philipp Schwarz entschieden. Unter seiner Leitung sollen die „Zwergenwelten“ kreativ geschaffen und gestaltet werden, in denen unsere Helden ihre Abenteuer erleben sollen.

Das Schloss von Fantabularasa, das Zwergenhaus und vor allen Dingen der „märchenhafte Unterwald“ (eine Wortschöpfung, die ihren Ursprung im Familiennamen unseres ersten Zwergenregisseurs Sven Unterwaldt hat) stehen im Fadenkreuz der kreativen Suche nach einem ganz eigenen und möglichst auf den ersten Blick wieder erkennbaren „Zwergen-Look“.

Irland und Paradoxien

20. Juli 2010

Ich liebe Irland. Die Menschen, die Landschaft und die Art und Weise, wie die Iren mit dem schlechten Wetter umgehen: Sie ignorieren es! Und dann gibt es natürlich auch noch das Guinness, aber das gehört hier, glaube ich, nicht her…

Boris und ich haben uns Verstärkung nach Irland mitgebracht: Michael Coldewey von TRIXTER und zum ersten Mal ist auch mein Sohn Daniel dabei. Wir legen noch mal das ganze Drehbuch auf den Prüfstand: Stimmt die Geschichte? Die Dramaturgie? Die Charaktere? Ist unser Film wirklich eine „Hero´s Journey’, eine Reise des Helden, der erst durch ein unbekanntes fremdes Land reisen muss um mit Hilfe seiner Freunde das wertvolle Elixier zu gewinnen, das ihn in die Lage versetzt, das Ungeheuer zu besiegen und am Ende sein Glück zu finden?

Auf jeden Fall – das ist uns bei näherer Betrachtung gleich aufgefallen – hatten wir alle in der Leica-Version eine mega-wichtige Figur bisher total vergessen: Schneewittchen! Hier waren wir „erzählerisch“ schon wieder in die Falle getappt: Während die beiden ersten Zwerge-Filme in Deutschland die Geschichte vom Schneewittchen ausgiebig weitererzählt haben, hat der Rest der Welt ja immer noch die sieben Zwerge von Walt Disney aus dem Jahre 1937 im Kopf und da kann man Schneewittchen nicht einfach weglassen!

Zweitens ist uns aufgefallen, dass wir mittlerweile vier Zeitreisen der Zwerge in unserem Film hatten. Die Grundidee war ja: Der 7bte Zwerg Bubi/Bobo löst kurz vor Mitternacht und damit vor dem 18. Geburtstag der Prinzessin aus Versehen den alten Fluch aus, den die böse Fee Dellamorta bei der Taufe der Prinzessin ausgesprochen hatte und versetzt damit das ganze Schloss in einen 100-jährigen Tiefschlaf. Glücklicherweise kann die alte Standuhr im Thronsaal des Königs nicht nur perfekt die Zeit ansagen sondern man kann mit ihrer Hilfe auch problemlos durch die Zeit reisen. Im weiteren Verlauf der Geschichte reisen die Zwerge nun die Zeit zurück, vor und wieder zurück und scheitern dabei immer wieder an dem Versuch, die Prinzessin und mit ihr das gesamte Schloss wieder aufzuwecken.

In dem kleinen Pub im irischen Galway diskutierten wir uns die Köpfe heiß. Der Begriff „Zeitparadoxon“ wurde zum am häufigsten benutzten Wort aller Drehbuchbesprechungen. Am Ende stritten wir darüber, ob es im letzten Akt 21 oder doch „nur“ 14 Zwerge im Bild sein müssten, die sich durch die Verquickung der vielen Zeitreisen im Thronsaal doch eigentlich begegnen sollten. War die Geschichte nicht überhaupt viel zu kompliziert?

Präsentation bei Warner Bros.

22. Mai 2010.
Das waren heute wahrscheinlich die spannendsten 89 Minuten meines Lebens! Während der Chef von Warner Bros. Deutschland, Willi Geike, sich auf einer Großbildwand in einem Konferenzraum unsere Leica ansah (und anhörte), kam ich nicht umhin, ihn aus dem Augenwinkel zu beobachten. Wie findet er unsere Geschichte, schmunzelt er, lacht er, wie reagiert er auf den Humor, was wird er am Ende sagen? Gefällt ihm unsere Leica? Warner Bros. hat sich bisher sehr interessiert an unserer Arbeit gezeigt und würden sie am Ende beschließen unseren Film ins Kino zu bringen, wäre das ein sehr wichtiger Schritt für mich, um die Finanzierung des Films zu schließen.

Nach dem Screening herrscht zuerst Schweigen.

Willi Geike schaut zu Boris und mir herüber. Ich denke, dass ich einen leichten Ausdruck des Wohlwollens aus seinem Gesicht heraus lesen kann – aber das kann auch eine Fata Morgana sein. (Zeitgenossen, die ein bisschen was über meine Karriere als Filmproduzent wissen, wird die Doppeldeutigkeit meiner Formulierung nicht entgehen… J) Am Ende erhebt sich Willi Geike aus seinem Stuhl und meint mit einem freundlichen Lächeln zu Boris und mir: „Das kriegt nur ihr und kein anderer hin!“

War das der Ritterschlag? Nur wir kriegen das hin?! Kein anderer!? Heißt das: Wir sind die Besten? Und WB vertraut auf unsere Qualitäten?!! Mit großer Mühe ist es uns gelungen, uns unsere Erleichterung nicht anmerken zu lassen bis wir das Gebäude von Warner Bros. in der Humboldtstraße verlassen hatten. Auf dem Weg zurück ins Produktionsbüro aber konnten wir uns beide ein dämliches Dauergrinsen nicht mehr verkneifen. Wir hatten es geschafft! Warner Bros. war mit unserer Arbeit zufrieden.

Doch Halt!
Plötzlich fiel es uns beiden wie Schuppen von den Augen! Wie hatte Willi Geike seinen Kommentar zu unserer Leica formuliert: DAS kriegt nur ihr hin? WAS kriegen nur wir hin? Das, was er gerade gesehen hat. Was ihm womöglich gar nicht gefallen hat? Ja, klar! Endlich war bei uns der Groschen gefallen: Offenbar fand der Chef von Warner Bros unsere Leica eher weniger gut. Er fand sie womöglich sogar so niederschmetternd schlecht, dass er meinte, es gäbe keinen auf der Welt, der aus dieser Leica jemals einen guten Film machen könnte.

Das war das Aus! Ende. Der Film – das ganze Projekt – war gestorben. Über drei Jahre Arbeit waren umsonst gewesen. Wir waren gescheitert…
Aber Moment!!! Vielleicht war doch noch nicht alles verloren!?! Okay, die Leica hatte Willi Geike nicht gefallen, aber war da nicht auch Zuversicht in seiner Äußerung gewesen? Ein Ansporn und die Aufforderung, jetzt nicht aufzugeben, denn auch wenn DAS noch nicht „das Gelbe vom Ei“ war, waren WIR doch in seinen Augen die EINZIGEN, die in Lage sind, das wieder hinzukriegen!?

Da gibt es nur eins! Wir müssen nach Irland und uns mit den Autoren treffen!

Die erste Leica

21. Mai 2010.

Morgen haben wir eine Verabredung mit Willi Geike und Jaqueline Jagow von Warner Bros.

Boris hat in den letzten Monaten auf seinem MacBook über 3.000 Storyboardbilder hintereinander geschnitten, hat die Tonspur, die wir im Januar im Studio Funk aufgenommen haben, angelegt, Layout-Musik an die richtigen Stellen gesetzt und sogar den einen oder anderen Toneffekt editiert, so dass ein 89 Minuten langes „Animatic“ entstanden ist.

Was ist ein Animatic? Im Prinzip ein digitales Daumenkino. Die einzelnen Zeichnungen werden im 20 bis 30 Sekunden-Takt hintereinander geschnitten, sodass in Verbindung mit der Tonspur, der Musik und den Soundeffekten eine Art Skizze des späteren Films entsteht. Auf diese Weise können Regisseur, Autor und die Animatoren schon in einem frühen Stadium feststellen, ob die Geschichte des geplanten Animationsfilms „funktioniert“, d.h. ob die Charaktere sich emotional nachvollziehbar entwickeln, ob das Timing stimmt. In dieser Phase der Entwicklung sind Änderungen noch machbar und vor allem finanzierbar. Wenn erst im Stadium der „Fine Animation“ auffällt, dass eine Szene zu lang oder zu kurz ist oder sie durch eine andere Szene ersetzt werden muss, ist der Kostenaufwand enorm und deshalb sind – zumindest in Europa – spätere Änderungen an der Geschichte nicht realisierbar.
Das Animatic ist deshalb ein idealer Lackmustest um die Qualität der Geschichte eines Films in einem Entwicklungsstadium zu testen, in dem Änderungen den Produzenten nicht in den Bankrott treiben.

Da in früheren Zeiten die (Storyboard-)Zeichnungen mit einer Leica-Kamera abfotografiert wurden, nennt man das Animatic im Animationsfilm auch heute immer noch „Leica“.

Aus Bubi wird Bobo

15. Januar 2010

Heute nehmen wir im Studio Funk in Hamburg die Tonspur für das erste Animatics (Leica) auf. Boris spricht Bubi, den wir in der englischen Fassung in „Bobo“ umbenannt haben.

Den Namen „Bubi“ müsste man im Englischen „Booby“ schreiben und schon fällt einem die lautmalerische Nähe zum englischen Wort „boobs“ auf, was im anglo-amerikanischen Raum durchaus zu Assoziationsketten führen könnte, die nicht unbedingt jugendfrei sind… J